D.O.A. - Opfer der Unterwelt

Ein tödlich vergifteter Mann meldet der Polizei seine eigene Ermordung und berichtet die Vorgeschichte. Die vierte Regiearbeit des Kameramanns Rudolph Maté ist ein Meisterwerk des Film noir: hart, knapp, kompromisslos. Bei Koch Media ist der 1950 gedrehte Klassiker in der Film noir Collection auf DVD erschienen.
Was für ein Auftakt: Die Kamera schwenkt die Fassade eines Wolkenkratzers hinunter, erfasst von hinten einen vor dem nächtlichen Gebäude stehenden Mann, folgt ihm nach einem Schnitt, begleitet von Dimitri Tiomkins dramatischer Musik und den Vorspanntiteln durch die Gänge, bis er mit Ende des Vorspanns das Büro der Mordkommission erreicht.
Die engen Gänge haben bei dieser Eröffnung schon ein Gefühl der Ausweglosigkeit evoziert, das sogleich noch verstärkt wird. Denn der Mann meldet nicht irgendeine Ermordung, sondern seine eigene – und abrupt springt die Kamera dabei auf sein Gesicht, zeigt diesen Frank Bigelow (Edmond O´Brien) erstmals in Großaufnahme von vorne.
Wie in vielen Film noir ist somit am Beginn schon alles vorüber, ist die Lage aussichtslos, macht sich Fatalismus breit - genial auch der Originaltitel "D.O.A. – Dead on Arrival", der die unerbittliche Entwicklung auf das bittere Ende hin vorwegnimmt.
Typisch für diese Filmrichtung wird die Handlung folglich auch rückblickend erzählt. Voice-over ist dabei keines nötig, der durch die Handlung führende Protagonist reicht als Führer durch die Handlung aus. Blickt man zuerst eher von außen auf diesen Mann, der gegen den Willen seiner Freundin Paula von der kalifornischen Provinz zu einem Kurzurlaub nach San Francisco aufbricht, übernimmt man bald zunehmend seine Perspektive. Der zumindest nach außen hin heilen Kleinstadt steht somit bald die amoralische und verbrecherische Großstadt gegenüber.
Denn Bigelow will in Frisco feiern und sucht durchaus auch Abenteuer mit Frauen. Großartig heizt in einer Barszene ähnlich wie in Robert Siodmaks "Phantom Lady - Zeuge gesucht" Jazzmusik die Leidenschaft und ausgelassen-laszive Stimmung an. Bald nimmt die Handlung jedoch eine dramatische Wende, als sein Glas in der Bar von einem Unbekannten ausgetauscht wird. Als er am nächsten Morgen mit Kopf- und Magenschmerzen aufwacht, sucht er einen Arzt auf und erhält die niederschmetternde Diagnose, dass er tödlich vergiftet ist und höchstens noch eine Woche zu leben hat.
Klären möchte er noch, wieso er ermordet wird und stößt dabei auf Gier, Intrigen, verbrecherische Frauen und einen psychopathischen Killer. Am Ende wird der lebende Tote seinem Mörder gegenüberstehen, ihm ein Duell liefern, doch lebend davonkommen kann hier niemand: Zutiefst pessimistisch ist dieser Film, nicht nur ein Thriller, sondern auch eine Meditation über die Allgegenwart des Todes und darüber, dass dem Protagonisten erst im Bewusstsein des nahen Todes klar wird, wie sehr er Paula im Grunde geliebt hat.
Ein kleiner, ungemein kompakt inszenierter, handlungsreicher Film ist "Opfer der Unterwelt". Für Figurenzeichnung lässt sich Maté nicht viel Zeit, sondern treibt lieber die Handlung mit stets neuen Wendungen temporeich voran, spult die Handlung in knackigen 80 Minuten herunter, bis schließlich alles geklärt ist, der Film zum Ausgangspunkt in der Mordkommission zurückkehren kann.
Härte entwickelt der Film durch dieses Tempo, kein Raum bleibt hier für Sentimentalitäten, bitter ist der Blick auf eine düstere Welt, in der Lust auf Partys und sexuelle Abenteuer auf der einen Seite und Gier nach Geld auf der anderen die einzigen Triebfedern menschlichen Handelns zu sein scheinen. - Nur in einem kleinen B-Film konnte man im Subtext ein so vernichtendes Bild der US-Gesellschaft der Nachkriegszeit zeichnen.
An Sprachversionen bietet die bei Koch Media als inzwischen schon 20. Titel der Film noir Collection erschienene DVD nur die englische Originalfassung mit deutschen Untertiteln, die Extras beschränken sich auf eine Bildergalerie sowie auf ein Booklet mit einem ausführlichen Text von Frank Arnold – doch diese spartanische Ausstattung nimmt man bei so einem Meisterstück gerne in Kauf.
Trailer zu "D.O.A. - Opfer der Unterwelt"