Politfilmfestival Innsbruck
Die 15. Ausgabe des Festivals steht unter dem Leitthema "Eigentum". Jeder der drei Filme bringt unterschiedliche Aspekte und Deutungsweisen des Begriffs zum Vorschein. Warum will man Menschen besitzen? Was bedeutet Eigentum im digitalen Zeitalter? Wem gehört eine Stadt? Diese und noch viel mehr Fragen werden während der Filme, aber auch in den Diskussionen nach den Filmen angegangen.
Der Eröffnungsfilm "A Woman Captured" handelt von der 52 jährigen Ungarin Marish, die von einer Familie zehn Jahre lang in Knechtschaft gehalten wird. Sie ist eines von über 45 Millionen Opfern moderner Sklaverei. Ihre Unterdrücker konfiszierten ihre Ausweispapiere und sie darf das Haus nur mit ausdrücklicher Erlaubnis verlassen. Sie behandeln sie wie ein Tier, geben ihr nur Essensreste und kein Bett zum Schlafen. Marish fristet ihr Dasein in ständiger Angst, träumt jedoch davon, ihr Leben zurückzuerlangen. Die Präsenz der Kamera hilft ihr zu begreifen, dass sie nicht völlig auf sich allein gestellt ist. Sie beginnt Vertrauen zu fassen; nach zwei Jahren Dreh sammelt sie ihren ganzen Mut zusammen und enthüllt ihren Plan: "Ich werde fliehen."
Die Regisseurin wird auch selbst zu Gast sein und mit Kate Garbers (Direktorin und Gründerin der NGO Unseen in England und beschäftigt sich seit mehr als 10 Jahren mit Menschenhandel und Sklaverei), sowie dem Europäischen Ethnologen Gilles Reckinger (Autor von Bittere Orangen: Ein neues Gesicht der Sklaverei in Europa) in der anschließenden Podiumsdiskussion für Fragen zur Verfügung stehen. Die Moderation leitet Margret Aull, die bereits letztes Jahr das #Me-Too Gespräch zu dem Film Slut or Nut führte.
In einem kargen Raum sitzen zehn Männer und eine Frau auf Matratzen und beugen sich über die Laptops auf ihren Knien. "This client might be a good catch", sagt einer. Auf seinem Bildschirm das Dating-Profil: Man, 46, Kernersville, United States. Die ghanaischen Protagonisten in "Sakawa" sind Experten darin, Männern in Europa und den USA auf der Suche nach Liebe oder Sex Geld aus der Tasche zu ziehen. Dafür geben sie sich als attraktive Frauen aus, nutzen Voice-Changer-Apps und downloaden Fotos hübscher Damen auf Facebook. Doch in diesem Film geht es um viel mehr als darum, wie Menschen in Ghana auf erfinderische und unmoralische Weise für ihre Existenz sorgen. Es geht um koloniales Erbe, um Voodoo, um Einsamkeit, Geschlechterrollen, Elektromüll, Internetrechte und um die globale Frage nach sozialer Gerechtigkeit.
Der belgisch-ghanaischer Regisseur Ben Asamoah (Sakawa ist sein erster dokumentarischer Langfilm) wird nach dem Film für Fragen zu diesem durchaus kontroversen Film mit weiteren ExpertInnen Stellung beziehen. Die Moderation übernimmt Sandra Schildhauer von Südwind Tirol.
Obdachlose, Berber, Vagabunden, Nichtsesshafte. Alles das Gleiche? Oder völlig Unterschiedliches? Manchmal leisten bereits die Bezeichnungen Hilfestellung für einen Perspektivwechsel. Auch "Draussen" nimmt andere Perspektiven ein: Der Film begleitet vier Menschen, die auf der Straße leben und wenig besitzen. Darunter nichts, was gesellschaftlichen Status sichtbar machen könnte, und dennoch ist alles wertvoll. Matze, Elvis, Filzlaus und Sergio sind Überlebenskünstler und Persönlichkeiten. Um ihre Geschichten zu erfahren, verfolgen die beiden Regisseurinnen eine besondere Strategie: Sie konzentrieren sich auf die Gegenstände, die ihre Protagonisten bei sich tragen. Die wenigen Objekte enthalten Bruchstücke von Lebensgeschichten, Emotionen und Erinnerungen. In Gesprächen nimmt diese Fülle Gestalt an. Wir berühren und werden berührt.
Das Gespräch nach den Film leitet Thomas Pupp (Werbefachmann und Mitinitiator der Straßenzeitung 20er) und diskutiert mit Michael Hennermann (Streetworker und Geschäftsführer vom Verein für Obdachlose in Innsbruck), Alina Kugler (von der Plattform für Menschenrechte Salzburg) und Ferdinand (vom Verein Supertramps führt thematische Stadtrundgänge durch Wien, war selbst 2 Jahre obdachlos).
Am 16. Jänner 2020 um 19:30 Uhr wird es ein Special Screening des PFFs mit dem Film "Let’s keep it" von Burgl Czeitschner geben. Den Film wird in der Israelitischen Kultusgemeinde (Sillgasse 15) in Innsbruck bei freiem Eintritt gezeigt.
"Let's keep it" ist ein Dokumentarfilm über die nach wie vor problematische Haltung der Republik Österreich zur Restitution "arisierter" Liegenschaften, die nach 1945 - aus welchen Gründen immer - in das Eigentum Österreichs übergingen. Der Film ist auch eine Verbeugung der Regisseurin vor den Opfern des dunkelsten Kapitels Österreichs der jüngeren Geschichte. Eines Kapitels, das bis zu einem gewissen Grad verlängert erscheint, wenn es um die Restitution gestohlener Liegenschaften an die Nachkommen der Holocaust-Opfer geht.
Politfilmfestival Innsbruck
13. bis 15. Jänner
Leokino, Anichstraße 36
16. Jänner 2020 um 19:30 Uhr Special Screening des PFFs mit dem Film "Let’s keep it" von Burgl Czeitschner
Israelitische Kultusgemeinde Tirol
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